Jugendmedien-Staatsvertrag: Es wird zurückgerudert – oder doch nicht?

Wahrscheinlich nicht zuletzt wegen der erheblichen Proteste in den letzten Tagen gab die rheinland-pfälzische Staatskanzlei jüngst bekannt, der Entwurf solle „so nicht umgesetzt werden“.

Um in die Details zu gehen: Zunächst einmal soll der Begriff des „Anbieters“ wieder vom Tisch, man wolle das altbekannte, abgestufte Haftungsregime nutzen (und damit nicht jeden Benutzer des Internets, ausgenommen die Anwender, auf die Stufe eines „Anbieters2 haftbar erheben). Auch distanziert man sich vom Zugangserschwerungsgesetz – schließlich habe man nicht vorgesehen, mit geheimen Listen an geheimen Tischen zu arbeiten. Heise Online weiter dazu:

Geblieben ist nach Informationen von heise online die Auflage für Social Networks, nachzuweisen, dass „die Einbeziehung oder der Verbleib von Inhalten im Gesamtangebot verhindert wird, die geeignet sind, die Entwicklung von jüngeren Personen zu beeinträchtigen.


Bedeutet nichts anderes als:VZ & Co. müssen nachweisen dass sie den Jugendschutz umzusetzen – ansonsten haftbar sind. Eigentlich versteht sich von selbst, dass man als Betreiber einer Community ein Auge darauf hat, was die User so treiben – oder eben Helfer einsetzt, die darauf achten. Kein Mensch will Gewalt oder Porno in einem Forum oder einer Webradiocommunity sehen, die sich (auch) an Jugendliche richtet.

Die restliche Reaktion der Staatskanzlei scheint sagen zu wollen: „War ja nicht so gemeint“. Zu diesem Schluss kommt auch der AK-Zensur, der den Entwurf – modifiziert oder nicht – nun gänzlich vom Tisch haben will. Kein Wunder, spricht doch die Stellungnahme der Kommission für Jugendmedienschutz  (KJM) deutliche Worte:

Die KJM vertritt die Auffassung, dass administtrative Ansprechpartner (Admin-C), Suchmaschinenbetreiber, Internetplattformbetreiber (bspw. von Social Communuties), Linksetzer oder Anbieter von fremden Inhalten nicht in einem rechtsfreien Raum existieren, sondern den Jugendschutz bei den von ihnen verantworteten Angeboten durchsetzen müssen. Der JMStV gilt daher auch für diese Anbieter. Der weite Anbieterbegriff wurde bisher in der amtl. Begründung zum JMStV festgeschrieben.

Was bedeutet dies? Die KJM möchte gerne gegen jeden Content im Web, gegen Ersteller, Hoster, Provider usw., im Namen der Kinder (sic) vorgehen und zu Sperren verpflichten. Man darf nicht vergessen: Es geht hier nicht um „Vergewaltigung von Kindern und sogar Missbrauch von Babys vor laufender Kamera“ [vdL], unter solche von der KJM geforderten Sperren fällt im Zweifel alles, was nicht für Menschen unter 18 geeignet erscheint. Ein Foto-Blog, eine webdesign-Community, Videoportale – die Liste kann lang werden und ausländische Anbieter haben nicht zwingend ein so rigides Jugendschutzsystem wie wir in Deutschland. Im Zweifel also: Ausländische Seite sperren.

Nicht nur der AK-Zensur fordert dass der Entwurf vom Tisch muss und, im Gegenteil zu den bisherigen Bemühungen der Staatskanzlei, die Themen Internet und Jugendschutz, Anbieter von Content und Provider/Hoster, klar getrennt aufgeführt und differenziert behandelt werden müssen.